Fallstudien und Post-Mortems #2: Short Put auf Pfizer (PFE)

Lesedauer 5 Minuten

In dieser Rubrik berichte ich gelegentlich über Investitionen oder Trades, die für mich auf irgendeine Weise lehrreich waren. Heute im Programm: Ein Short Put auf die Pfizer-Aktie, der gegen mich lief, und den ich durch mehrmaliges Rollen bändigen musste. Besonders schwierig dabei: Was tun, wenn die implizite Volatilität dabei immer noch weiter sinkt?

Zunächst ein klein wenig Vorgeschichte: Wie ich schon früher (z.B. hier und hier) beschrieben habe, suche ich mir für meine Optionstrades gerne Aktien aus, die eine hohe implizite Volatilität bieten und außerdem günstig bewertet sind. Zudem muss das zugehörige Unternehmen finanziell stabil sein, und aufgrund des Kursverlaufs einen guten Einstieg bieten.

Mit diesen Kriterien ist mir gegen Ende 2020 die Pfizer-Aktie (Ticker: PFE) ins Netz gegangen. Toll, dachte ich, meine Kriterien sind erfüllt, und bei dieser Firma brauchte man sich keine Sorgen um die Finanzen machen, denn einer der wichtigsten Impfstoffhersteller würde schon nicht pleite gehen. So weit, so richtig. Aber leider auch etwas zu offensichtlich, wie ihr noch sehen werdet.

Der Auftakt

Ich habe also einen ersten Put verkauft, und diesen dank vorteilhaften Kursverlaufs auch recht schnell mit gutem Gewinn schließen können. Am 11. Januar habe ich noch einen zweiten Put verkauft — und diesen musste ich schließlich bis Mitte April „massieren“. Der Kursverlauf des Underlying ist in Abb. 1 gezeigt.

Kursverlauf der Pfizer-Aktie
Abb. 1: Kursverlauf der Pfizer-Aktie. Die vertikalen Linien zeigen, wann ich gerollt habe, die waagerechten Linien zeigen die Strikes, und die Dollar-Angaben bezeichnen die eingenommene Prämie nach Gebühren.

Mein anfänglicher Strike lag bei 36.50$. Unterschreitet die Aktie diesen, versuche ich, bei jedem Rollen des Puts den Strike etwas nach unten zu schieben, jedoch immer mit der Bedingung, dass ich niemals Geld bezahle für’s Rollen. Bei PFE hatte ich damit jedoch ziemliche Probleme.

Absichern? Kein Bedarf.

Was war da los? Nun, ich war wohl nicht der einzige, der Pfizer zu dieser Zeit für eine ziemlich sichere (und langweilige) Sache hielt. Denn als Put-Verkäufer verdiene ich mein Geld damit, dass andere Leute ihr Portfolio absichern wollen. Je mehr das tun wollen, desto höher steigt die implizite Volatilität, und mit ihr die Optionspreise. In diesem Fall ist mir also sprichwörtlich der Brunnen ausgetrocknet, weswegen das weitere Handling dieses Trades auch schwerer fiel als gewöhnlich.

Wie ging die Geschichte also weiter? Nun, einmal konnte ich den Strike etwas drücken, auf 36$. Die weiteren Male musste ich den Strike beibehalten, und konnte den Put nur für eine relativ magere Prämie einige Wochen in die Zukunft rollen (diesen Zeitraum habe ich jedoch bewusst kurz gewählt).

Und was jetzt?

Folgende Szenarien sind vorstellbar, wie diese Situation aufgelöst werden kann:

Szenario 1: Die Aktie steigt irgendwann wieder, und der Put verfällt schließlich wertlos. Die Prämie behält der Stillhalter (= ich).

Szenario 2: Die Aktie fällt noch weiter. In diesem Fall würde wohl auch das Interesse des Marktes an Portfolioabsicherung wieder steigen, und man könnte wieder besser „arbeiten“, also den Strike des Puts reduzieren. Bei einem sehr starken Kursverfall muss man evtl. schwerere Geschütze auffahren, die ich in einem zukünftigen Artikel mal beschreiben werde.

Szenario 3: Man verliert die Geduld, bevor Szenario 1 oder 2 eintreten kann, und steigt (womöglich mit einem gewissen Verlust) aus. Das Stichwort lautet: Opportunitätskosten. Will man wirklich Kapital in so einem Trade binden, um nur ja keinen Verlust zu realisieren? Wenn es klar bessere Alternativen gibt, sollte man den Ausstieg in Betracht ziehen.

In meinem Fall ist nach drei Monaten Szenario 1 eingetreten, und der Put ist am 16.4. wertlos verfallen. Ein Blick auf die Rendite:

Entwicklung der Aktie 11.1.—16.4.: 37,77$→38,57$; +2,1%
Verdiente Optionsprämien nach Gebühren: 127,50$
Annualisierte Rendite Aktie: +8,1%
Annualisierte Rendite Optionen*: +13,6%
* bezogen auf mittleres eingesetztes Kapital von 3607$ (1 Put kontrolliert 100 Aktien)

Nicht allzu schlecht also, für einen nicht so optimalen Trade mit „vertrockneter“ Volatilität. Zusätzlich sollte noch erwähnt werden, dass die Optionsrendite bereits bei einem Schlusskurs der Aktie von 36$ exakt so angefallen wäre — die Rendite der Aktie hätte in diesem Fall -4.7 Prozent betragen. Die Optionsrendite ist bei dieser Strategie nach oben begrenzt und kann von der Aktie durchaus übertroffen werden, sollte diese nach oben ausbrechen.

Die Moral von der Geschicht’

Dieser Trade hatte ein Happy End — und gerade die Sache mit der versiegenden Volatilität war durchaus lehrreich. Sie hat mir gezeigt: es gibt auch in der Welt der Optionen Situationen, in denen man einen Trade lieber gehen lässt, um eine bessere Chance beim Schopf zu ergreifen — auch wenn mir dieses Mal die Erholung der Aktie zuvorkam. Ich hoffe, ihr konntet auch etwas für eure Praxis mitnehmen, und wünsche euch eine gute Zeit. Bis zum nächsten Mal!

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