Ab heute gibt es ein neues Format für euch: Ich werde öfter mal eine Fallstudie oder auch eine Post-Mortem-Analyse zeigen. Welche Aktien sind ganz und gar nicht so gelaufen wie erwartet? Welche Optionstrades sind schiefgegangen? Was habe ich daraus gelernt?
Auf der anderen Seite bekommt ihr natürlich (hoffentlich) aber auch zu hören, wenn etwas sehr gut funktioniert hat, ich einen Trade reparieren konnte, oder sich eine Aktie so entwickelt hat wie erhofft.
Den Anfang mache ich heute mit einer kleinen Wiederholung: Meinem ersten und bisher einzigen Optionstrade, den ich mit einem Verlust schließen musste. Zum Kontext: Ich habe bisher insgesamt ca. 50 reale Optionstrades durchgeführt, sowie zuvor etwa zwei Monate Papertrading betrieben.
Bärenstimmung
Über den heutigen Verlierertrade habe ich bereits in einem Instagram-Post zuvor berichtet — es handelte sich um einen Bear Call Spread auf „QQQ“, einen ETF, der den NASDAQ-100-Index trackt. Den Trade habe ich am 18. September eröffnet, als die Techwerte des NASDAQ etwas unter Druck gekommen waren (siehe Abb. 1). Als Teil der Bear-Call-Strategie habe ich den Call mit 290er Strike verkauft, und einen Call mit 293 gekauft. Netto habe ich dafür 49$ eingenommen. Ablaufdatum: 30. Oktober.
Bei dieser Strategie darf ich die Prämie komplett behalten, solange QQQ unter 290$ bleibt. Bei 290,49$ liegt der Breakeven-Point (Abb. 2). Oberhalb dessen beginne ich, Geld zu verlieren, in diesem Fall bis zu einem Maximum von 251$ (siehe dazu meinen Artikel über Spreads).
Breakout – Zu bullish für meinen Geschmack
Die ersten paar Wochen lief es auch zunächst einmal wie geplant, obwohl sich QQQ langsam, aber stetig in Richtung meiner Strikes bewegte.
Etwa zwei Wochen vor Ende der Laufzeit ging es dann aber plötzlich ganz schnell: Von Freitag auf Montag durchbrach QQQ auf einen Schlag nicht nur den 290er Strike, sondern rannte direkt jenseits der 293$ — also in den Bereich maximalen Verlustes. Zunächst habe ich darauf noch nicht reagiert. Man soll ja nicht gleich die Nerven verlieren, wenn mal ein bisschen Volatilität ins Spiel kommt.
Die „Korrektur“
Am zweiten Tag habe ich den Drang dann doch nachgegeben und die Position „gehedged“ — auch weil ich dachte, einen schlauen Ausweg gefunden zu haben. Und so bin ich vorgegangen: Zu dem existieren Bear Call Spread habe ich auch noch einen Bull Put Spread aufgebaut, indem ich einen Put bei 290$ verkauft, und einen bei 287$ gekauft habe. Insgesamt nennt sich diese Konstellation Iron Butterfly, und das Profit & Loss-Diagramm sah dann wie in Abb. 3 dargestellt aus.
Mein Gedankengang dabei: Mein Gesamtrisiko in dieser Position reduzierte sich von den genannten 251$ weiter, da ich mit diesem Spread noch einmal 97$ eingenommen habe. Der Maximalverlust lag demnach bei 154$. Außerdem, so hoffte ich, könnte ich die Position einfach schließen, sollte QQQ wieder umdrehen und durch die schmale Gewinnzone aus Abb. 3 laufen. Dieser Schuss ging trotzdem nach hinten los, wie ihr gleich sehen werdet.
War nur angetäuscht
Noch am selben Tag hat QQQ wieder den Rückwärtsgang eingelegt, und kehrte dann über die letzten 10 Tage tatsächlich wieder in die Gewinnzone der ursprünglichen Position zurück. Warum habe ich den Trade also nicht geschlossen, als QQQ durch die „Spitze“ in Abbildung 3 lief? Antwort: es wäre nur zu einem Verlust zu machen gewesen — denn das P&L-Diagramm aus Abb. 3 gilt nur für den Tag des Ablaufs.
Durch das sprunghafte Verhalten unseres Freundes QQQ stiegen die Preise der zugehörigen Optionen (siehe Grundlagen), so dass ich zu diesen erhöhten Preisen hätte zurückkaufen müssen (effektiv ein Verlust). Mir blieb also nur die Möglichkeit, abzuwarten, und zu hoffen, dass QQQ später, oder am Ende der Laufzeit, in der nun ziemlich engen Gewinnzone landen würde.
Lerneffekt
Dazu kam es aber nicht: Wenige Tage vor Ablauf hat sich QQQ dann noch weiter von der Gewinnzone entfernt, so dass ich dem Ganzen schließlich ein Ende bereitet habe. Zurückgekauft habe ich die Position für 287$, so dass am Ende ein Nettoverlust von 141$ stehen blieb.
Das witzige an der Angelegenheit: Hätte ich einfach nichts getan und die „Korrektur“ zum Iron Butterfly nicht vorgenommen, wäre dieser Trade ein Maximalgewinner gewesen. Nun, man gewinnt, oder man lernt. 😉
Meine Learnings aus diesem Trade:
- Ruhig Blut. Sollte es einmal einen größeren Kursausbruch geben, lohnt es sich, auch einmal die früheren Verläufe anzuschauen. Ist tatsächlich damit zu rechnen, dass der Ausbruch sich so fortsetzt?
- Ist die „Story“, die dich zu einem bestimmten Trade veranlasst hat, noch intakt? Dann solltest du mit der „Korrektur“ vielleicht nicht plötzlich auf das Gegenteil wetten.
- Nicht jeder Trade kann ein Gewinner sein, auch wenn man alles „richtig“ macht. Captain Hindsight weiß zwar immer bescheid, aber leider nie im Voraus.
Ich hoffe, ihr konntet etwas nützliches aus dem heutigen Artikel mitnehmen — das nächste Mal schreibe ich in dieser Rubrik über einen meiner Fehlkäufe bei Aktien. Danke für’s Reinlesen, und bis bald!
Ich freue mich natürlich wie immer über Eure Kommentare. Beachtet bitte meinen Disclaimer.
Außerdem ein Shoutout an die Jungs von Bavarian Value, deren Artikel zum Hindsight Bias ich hier mal schamlos verlinkt habe. 😉